So techt Deutschland - der ntv Tech-Podcast

By: RTL+ / ntv Nachrichten / Audio Alliance
  • Summary

  • 'Deutschland im digitalen Abseits' oder 'Wir verlieren den Anschluss an China oder die USA'. So klingt es häufig, wenn über Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Kryptowährungen gesprochen oder geschrieben wird. Aber verschlafen wir wirklich die großen Trends? In "So techt Deutschland" haken die ntv-Moderatoren Frauke Holzmeier und Andreas Laukat bei Gründern, Investoren, Politikern und Unternehmern nach, wie es um den Technologie-Standort Deutschland bestellt ist.

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Episodes
  • "Wer behauptet, Deutschland könne das Weltklima alleine retten, ist unterbemittelt" - Caspar Brockhaus (Brockhaus)
    Jan 15 2025

    Wer Brockhaus hört, denkt an das berühmte Lexikon. Doch Caspar Brockhaus winkt ab: "Die Verbindungen sind so lange her, dass man den Verwandtschaftsgrad heute nicht mehr berechnen kann", sagt der CEO der gleichnamigen Industriegruppe. Denn das eine Familienunternehmen presste Wissen in Bücher, das andere formt seit seiner Gründung 1864 die Zukunft aus Stahl.

    Der 39-jährige Harvard-Absolvent übernahm 2009 mitten in der Finanzkrise die Führung des Unternehmens. "Die Merkel-Jahre haben viele Probleme der deutschen Industrie verschleiert, vor allem durch eine starke Entwicklung in China", sagt er. Heute steht Brockhaus für eine neue Generation von Industriellen, die den Spagat zwischen Tradition und Transformation wagen.

    Seine Unternehmensgruppe investiert aktuell 2,2 Millionen Euro in eine Wasserstoff-Elektrolyseanlage - bewusst ohne staatliche Unterstützung. Die angebotenen Fördergelder von 65.000 Euro lehnte Brockhaus ab. "Das ist es nicht wert, wollen wir gar nicht haben, weil der Papierkram plus die Auflagen, die damit einher kommen, es nicht wert sind", sagt Brockhaus pragmatisch.

    Als Branchenpionier kompensiert das Unternehmen seit 2019 seinen kompletten CO2-Ausstoß. Besonders die geplante CO2-Bepreisung sieht der Unternehmer kritisch: "Wenn ich bei 70 Prozent Wareneinsatz einen Wettbewerbsnachteil durch CO2-Bepreisung erfahre, kann ich den nicht mehr kompensieren", argumentiert er.

    Wenn Industriegiganten wie Thyssenkrupp, Volkswagen, Bosch, ZF, Schaeffler und BASF Probleme haben, "sind das nicht alles nur schlechte Manager und schlechte CEOs", betont der Unternehmer. "Wer behauptet, Deutschland könne das Weltklima alleine retten, ist unter bemittelt", fügt er nachdrücklich hinzu. "Wenn wir als Showcase für die Welt scheitern, werden wir keinen Nachahmer finden."

    Trotz aller Herausforderungen bleibt der Unternehmer Optimist: "Ich glaube, wir brauchen in Deutschland einfach nur einen Tritt in den Allerwertesten, um uns endlich mal wieder auf die Wirtschaft und die Industrie zu besinnen", sagt er. Mit Standorten in Deutschland und Polen demonstriert sein Unternehmen, dass traditionelle Industrie und Innovation sich nicht ausschließen müssen.

    "Stahl ist das Rückgrat der Industrie, nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt", betont Brockhaus. Seine detaillierte Vision für die Zukunft des Unternehmens teilt der Unternehmer ausführlich in der aktuellen Folge des Wirtschaftspodcasts "So techt Deutschland".

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    34 mins
  • Gerda Söhngen (Keil Befestigungstechnik): Erst Fitnesstrainerin, dann CEO im Familienbetrieb
    Jan 8 2025

    Gerda Söhngen trägt das Aushängeschild von Keil Befestigungstechnik immer bei sich. Einen kleinen Anker als Halskette. Genau genommen sind es Hinterschnittanker, die der Familienbetrieb aus Engelskirchen in Nordrhein-Westfalen herstellt. Diese werden genutzt, um Fassadentafeln an Tausenden Objekten rund um die Welt zu installieren: beim Sockel der Christusstatue in Rio de Janeiro oder auch an den Kranhäusern in Köln. Diese unscheinbaren Produkte von der Größe eines Daumennagels halten tonnenschwere Platten an Gebäuden - bei Wind und Wetter. "Unser Anker in der Platte, da kannst du je nach Material auch ein Auto dranhängen", sagt Söhngen.

    Mit nur 30 Mitarbeitern produziert Keil rund fünf Millionen Anker pro Jahr - Tendenz steigend. Trotz Wachstum möchte das Unternehmen personell nicht aufstocken. "Ich finde es schön, 30 Leute zu sein. Wir versuchen, das zu halten." Stillstand bedeutet das allerdings nicht. Wie viele andere Firmen steht auch Keil vor der Herausforderung, die digitale Transformation zu meistern. Eine Aufgabe, die Söhngen bewusst nicht allein verantworten will. Als sie ihre Eltern überzeugte, den Familienbetrieb zu übernehmen, nennt sie einen Co-CEO als Bedingung. Ein Headhunter sucht das passende Gegenstück für sie.

    Das alles passiert 2018 und kommt für Gerda Söhngen überraschend. Denn zuvor war sie bereits aus dem Betrieb ausgeschieden und hatte ein Fitnessstudio aufgebaut. Die Vorstellungen ihrer Eltern und die von Söhngen für die Zukunft des Unternehmens gingen zu stark auseinander. Einer ihrer ersten Gedanken, als sie dann abermals gefragt wird, die Leitung zu übernehmen: "Ich mache nicht denselben Fehler zweimal. Auf keinen Fall."

    Heute ist sie froh, dass sie den Schritt gegangen ist. Wirklich einfach ist die Transformation aber auch in einem kleinen Betrieb nicht. Und auch die Baubranche, als Abnehmer der Anker, ist nicht für eine schnelle Transformation bekannt. Dabei machen für Söhngen auch Maßnahmen einen Unterschied, die auf den ersten Blick gar nicht so wichtig erscheinen. "Wir sind sehr bunt geworden", sagt Söhngen. Ob auf Visitenkarten, der Webseite oder auf Messeständen. "Wir hatten die bunte Seite, wir hatten einen neuen Imagefilm, der wirklich Comedy ist."

    Die Reaktion vieler Mitbewerber und Kunden: "Jetzt habt ihr sie wirklich nicht mehr alle." Doch das hat sich inzwischen geändert. Wie Keil heute die Entwicklung neuer Produkte vorantreibt, welche Rolle KI dabei spielt und warum eine Rutsche im Büro ein großes Ziel für die Chefin ist, erzählt Gerda Söhngen in der neuen Folge von "So techt Deutschland".

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    36 mins
  • Simone Menne (AmCham): "Deutsche Unternehmen optimieren, aber stellen ihr Geschäftsmodell nicht infrage"
    Dec 18 2024

    Simone Menne kennt die Wirtschaftswelt von allen Seiten. Als erste Frau wurde sie bei der Lufthansa CFO eines DAX-Konzerns, heute sitzt sie in mehreren Aufsichtsräten und ist Präsidentin der American Chamber of Commerce. Die 64-jährige Managerin sieht Deutschland an einem Wendepunkt - besonders mit Blick auf die USA und eine mögliche zweite Trump-Präsidentschaft.

    "Menschen per se ändern sich nicht gerne. Das ist Fakt. Gewohnheiten haben rein evolutionär gewisse Vorteile", sagt Menne. Das mache Transformation in Unternehmen besonders schwer. "Wir optimieren, aber wir stellen unsere Geschäftsmodelle nicht infrage."

    Mit Sorge blickt die Managerin auf die neue Trump-Administration. "Das Schwierige in der Vorbereitung ist, wenn sich Ihre Partner, Handelspartner, politische Partner nicht erwartungsgemäß verhalten", sagt Menne. Unternehmen müssten verschiedene Szenarien durchspielen: "Was würde passieren, wenn wir auf alle Importe in die USA 10 Prozent Zölle hätten und China mit 60 Prozent Zöllen belegt wäre?"

    Die ehemalige Lufthansa-Finanzchefin, die heute eine Kunstgalerie in Kiel betreibt, rät zu strategischer Gelassenheit: "Wir sollten nicht einfach 'Oh ja, dann knicken wir ein' sagen, weil ein Herr Trump sagt 'Das mache ich nicht mit euch'", erklärt sie ihre Vorgehensweise. "Stattdessen sollte man sagen: Dann sieh zu, was die USA ohne Europa machen."

    Besonders wichtig sei der Zusammenhalt in Europa: "Das ist ein ganz wichtiger Punkt." Sie empfiehlt, sich auf einzelne US-Bundesstaaten zu konzentrieren: "Wenn Kalifornien sagt, wir machen das alleine für uns und wir meinen, es sollte ethische Grundlinien geben, dann ist das sehr schwer, sich als Wisconsin oder Connecticut dagegenzustellen."

    Auch die deutsche Bürokratie müsse radikal verschlankt werden. "Als ich angefangen habe zu arbeiten, hat man Buchhaltung noch mit einem Stift gemacht. Das macht heute alles SAP automatisch und trotzdem haben sie noch so viele Leute im Rechnungswesen. Warum? Weil wir versuchen, alles zu kontrollieren", kritisiert Menne.

    SIe verweist auf positive Beispiele wie Bayer-Chef Bill Anderson: "Der baut massiv um und geht wirklich weg von Hierarchie, geht nur auf Projektstrukturen. Also rein kulturell ist das ein massiv disruptiver Umbau eines Unternehmens."

    "Wir dürfen uns nicht in die Depression hereinreden", mahnt die Managerin. "Es verhungern wesentlich weniger Leute, es sind mehr Leute in Bildung, es werden mehr Kinder geimpft - und das sind eben auch Fortschritte, für die es sich lohnt, weiterzuarbeiten."

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    35 mins

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