• Folge 09 - Totalschaden

  • Dec 27 2023
  • Length: 26 mins
  • Podcast

Folge 09 - Totalschaden

  • Summary

  • Thema dieser Folge ist mein Abkippen aus der Manie in die Depression innerhalb von nur zwei Wochen, brutal abgestürzt aus einem Höhenflug. Das ist extremer als aus einer normalen Stimmungslage heraus. Große Schuldgefühle, dass ich Philipp „in den Tod schicke“. Meine Anzeige, die Verhaftung dann die Abschiebung. Immer wieder derselbe Gedanke: Ich bin schuld. Mir fehlte die Luft zum Atmen. Meine Familie machte die klare Ansage: „Wenn du Philipp Geld gibst oder ihn heiratest, brechen wir die Kontakte ab“. Sie hatte Angst um mich und um sich selbst. Das war die richtige Ansage, weil sich Rechnungen, Mahnungen und Inkasso Briefe bereits stapelten. Ich hatte Philipp über 1.000 EUR geschenkt, ihn eingekleidet und ausgeführt. Mir wurde bewusst, wie hoch meine Schulden waren, nachdem ich mit der Sozialarbeiterin die ersten 20 Briefe geöffnet hatte. Mir fehlten die Einnahmen. Frühpensionierung ist halbes Einkommen. Die Beratung zur Privatinsolvenz ergab, dass ich als Beamtin auf Lebenszeit und 25000 € Schulden kein Insolvenzverfahren beantragen musste. Die Sozialarbeiterin hat mit ihrer falschen Auskunft meine psychische Situation verschlechtert. Der Vorschlag der Sozialarbeiterin mit dem Chefarzt der Psychiatrie war völlig abstrus, ich solle mir für die Wohnung zwei Mitbewohnerinnen suchen - aus der Psychiatrie heraus? Zum Glück übernahmen meine Eltern die Miete für einige Zeit zur Hälfte. Familie und Freunde hatten mit meiner Wesensveränderung in der Manie sehr große Probleme bis auf eine einzige Freundin, die selbst psychiatrische Erfahrung gemacht hatte. Bruder und Schwägerin haben sich sieben Monate nicht gemeldet, keine Postkarte, kein gar nichts. Wie damit umgehen? Sie wussten es nicht. Die einzigen Menschen, die mich verstanden, waren zwei Bekanntschaften aus der Klinik. Das Leben gerettet haben mir beide Eltern, die an Ostern einige Tage blieben. Mama kochte, wir gingen täglich spazieren. Meine Mutter blieb sieben Wochen. Sie hat sich jeden Tag um mich gekümmert, so dass ich aus diesem stumpfsinnigen Alltag herauskam. Sie war aber immer gesund und fröhlich und konnte meine negative Gedankenspirale nicht nachvollziehen. Ich kam mit ihrer Unbeschwertheit nicht klar. Trotzdem haben sie mir das Leben gerettet. Weitere Einsamkeit hätte zu stärkeren Suizidgedanken geführt. Ich hatte drei oder vier Monate jeden Tag den Druck mich umzubringen. Vor die Straßenbahn laufen, Autos mieten oder kurzschließen, um an den Baum zu fahren. Ich war so gepeinigt. Ich durfte meine Arbeitsstelle nicht mehr betreten und die Frühpensionierung war eingeleitet. Alles stand in Frage: Studium, Beruf, Freundschaften. Eigentlich war alles kaputt, echt ein Totalschaden! Wo sollte ich bleiben? Viele Betroffene machen leider ähnliche Erfahrungen. Richtig brutal bei der Landung in der Realität. Abgrundtiefe Schuldgefühle. Hausverbot und die Frühpensionierung waren eine Katastrophe, ich darf nicht mehr arbeiten - mit 48 Jahren wie das Ende. Schmerzhaft ist, dass das gesamte Umfeld dich danach beobachtet, ist sie normal oder tickt sie gleich wieder aus. Verspielte Freundschaften wie zu meiner Mitbewohnerin, die auch meine beste Freundin war. Es war klar, dass ich aufgrund meiner finanziellen Situation nicht mehr in Karlsruhe bleiben konnte, ich musste zurück in die Eifel. Stabilität, Finanzen und Kraft. Das Angebot, bei meiner Mutter zu wohnen, konnte ich vorübergehend annehmen. Eine eigene Existenz aufgebaut, 30 Jahre ein eigenes Leben und dann wieder zurück nach Hause? Eine Kleinstadt, in der ich eigentlich nichts zu tun hatte….
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